Warum sind alkoholfreie Biere heute sensorisch besser als früher?
Markus Brendel: Früher waren alkoholfreie Biere geschmacklich tatsächlich ungewohnt. Das Schlossgold von Feldschlösschen und das berühmte deutsche Clausthaler wurden durch gestoppte Gärung produziert und hatten einen ausgeprägten Würzegeschmack. In den letzten Jahren ist eine enorme Entwicklung in Gang gekommen. Die Nachfrage ist gestiegen und löste Investitionen aus. Dadurch hat sich die Technologie stark verändert, wurden neue Biere ohne Alkohol möglich und auch eine bislang unbekannte Vielfalt in diesem Bereich erreicht.
Erkläre bitte kurz, wie man alkoholfreie Biere braut.
Es gibt die physikalische und die biologische Methode. Bei der physikalischen Methode wird ein Bier mit Alkohol hergestellt und dann der Alkohol entzogen. Der Entzug des Alkohols erfolgt via Vakuumdestillation oder mithilfe einer halb durchlässigen Membran. Bei der Vakuumdestillation verdampft der Alkohol, wobei der Siedepunkt auf unter vierzig Grad gesenkt wird. Auf diese Weise wird das Feldschlösschen Alkoholfrei Lager produziert. So lassen sich übrigens auch Biere herstellen, die überhaupt keinen Restalkohol aufweisen, also 0,0 Vol./%. Bei der Umkehrosmose wird der Alkohol mittels einer halbdurchlässigen Membran abgetrennt.
Und die biologische Methode, …
... die arbeitet mit gestoppter Gärung; das heisst, die Hefe wird in der Würze bei tiefen Temperaturen bloss kurz «gebadet» und die Gärung bei 0,5 Vol/% gestoppt. So wird zum Beispiel das Feldschlösschen Alkoholfrei Weizenfrisch hergestellt. Neu gibt es jetzt auch eine zweite spannende biologische Methode, um alkoholfreie Biere zu produzieren: Dank einer Spezialhefe, die weder Maltose noch Maltotriose vergären kann, wird die Gärung automatisch gestoppt.
Gibt es punkto Sensorik generelle Unterschiede zwischen der physikalischen und der biologischen Methode?
Mit der biologischen Methode erhält das alkoholfreie Bier einen ausgeprägten Würzegout, mit der physikalischen kommt man nahe an das Bier mit Alkohol heran.
Womit wir bei der Gretchenfrage wären: Soll ein alkoholfreies Bier möglichst eigenständig sein oder wird eine alkoholfreie Kopie eines Bieres mit Alkohol angestrebt?
Beides! Biertrinker bevorzugen lagerähnliche Produkte, die nahe am Original sind. Wenn man neue Konsumenten ansprechen will, hat man mit speziellen alkoholfreien Produkten Erfolg.
Bei vielen alkoholfreien Bieren wird auf das Hopfenstopfen zurückgegriffen. Warum?
Weil man mit Hopfennoten das Würzearoma der alkoholfreien Biere, die mit gestoppter Gärung produziert werden, ausbalancieren kann. So erhalten diese Biere einen ausgeprägten Körper. Bei der Herstellung der Würze gilt es aber darauf zu achten, dass man eine ausgewogene Bittere erreicht.
Das alkoholfreie Sortiment von Feldschlösschen:
Von Gesetzes wegen dürfen alkoholfreie Biere einen Alkoholgehalt von maximal 0,5 Vol.-% aufweisen. Das war bis vor Kurzem bei den allermeisten der Fall. Vor allem neue Produkte hingegen weisen oft gar keinen Alkohol auf, also 0,0 Vol.-%. Für Markus Brendel gibt es zwischen maximal 0,5 Vol.-% und 0,0 Vol.-% «keinen physiologischen Unterschied». Der Produktentwickler bei Feldschlösschen sagt, auch eine reife Banane und ein Fruchtsaft können Alkohol aufweisen, und rechnet vor: «Um punkto Alkohol auf zwei Stangen zu kommen, müsste man sechs Liter alkoholfreies Bier mit 0,5 Vol.-% trinken. Weil der Alkoholgehalt derart klein ist, wird er vorzu abgebaut.» Warum also wird heute auch mit 0,0 Vol.-% Alkohol gebraut? Markus Brendel: «Weil es von den Konsumenten besser verstanden wird und deshalb am Markt ein Vorteil ist.»